Manche Fragen beschäftigen mich, seit ich auf dem Balkon gärtnere. Ob man das Grün von Möhren und Karotten essen kann, zum Beispiel. Kommt darauf an, lautet die Antwort.
Es gibt sie im Supermarkt, auf dem Wochenmarkt und natürlich auch im Garten und auf dem Balkon: Möhren mit reichlich Grün. Für viele ist es der Inbegriff des Gärtnerns, die gelben Rüben frisch am Laub aus der Erde zu ziehen.
Kann ich sehr gut nachvollziehen!
Aber – was dann?
Es ist schon sehr lange her, dass ich zum ersten Mal Rezepte mit Möhrenblättern im Internet gefunden habe. Mindestens genauso alt die Warnung eine Gärtners: „Karottengrün essen? Bist du verrückt?! Das sind doch Doldenblütler – und die sind giftig!“
Und seitdem…. hab ich das Grün immer erst mal den Haustieren überlassen. So üppig fällt die Ernte auf dem Balkon dann doch nicht aus. Und die Nager freuen sich immer über Frischfutter.
Podcast zu Möhren, Karotten & Co
Aber so richtig losgelassen hat mich das Thema doch nicht – zumal Rezeptvorschläge für Möhrengrün immer häufiger zu lesen sind. Sogar bei Öko-Test gibt es Tipps für Smoothie, Pesto und Gewürz.
Also habe ich mich für „Grüner wird’s nicht“ mal etwas mehr damit befasst (und auch mit der Frage, worauf es beim Anbau ankommt und was der Unterschied zwischen Karotten und Möhren ist).
Die Folge „Möhren für Beet und Balkonkasten“ kannst du auf der Website von Bremen Eins als Podcast nachhören.
Fragen und Antworten zu Möhrengrün
In der Vorbereitung für die Sendung habe ich unter anderem die Verbraucherzentrale Bremen angefragt. Die Leiterin des Bereichs Lebensmittel und Ernährung, Sonja Pannenbecker, hat auf meine Fragen sehr ausführlich geantwortet und mir auch ein paar aufschlussreiche Links geschickt.
Ich konnte nicht alles in der Sendung zitieren. Daher findest du ihre Antwort hier ausführlicher und nachträglich in drei Aspekte gegliedert:
- Wie giftig ist Möhrengrün von Natur aus?
- Wie giftig wird Karottengrün durch den Anbau?
- Wie nachhaltig ist es, Möhren mit Grün zu kaufen?
Los geht’s.
Wie giftig ist Möhrengrün von Natur aus?
Hierzu finde ich (…) nichts in den Veröffentlichungen der Landesämter, dass in einer gezüchteten Möhre ggf. natürliche Gifte enthalten sein können. Die Problematik, wie bei den Kürbissen und Zucchini, mit der Eigenzucht und den Vergiftungsfällen ist mir bei Möhren noch nicht untergekommen.
Sonja Pannenbecker, Leitung Bereichs Lebensmittel und Ernährung in der Verbraucherzentrale Bremen, per E-Mail, 10.06.2025
Grundsätzlich spricht also wohl nichts dagegen, Möhrengrün zu verzehren. So interpretiere ich die Mail und auch meine Recherche blieb in dieser Hinsicht ergebnislos.
Es gibt jedoch ein dickes Aber – und das betrifft den Anbau der Karotten und eine daraus resultierende, mögliche Belastung mit Pestiziden.
Wie giftig wird Karottengrün durch den Anbau?
Da das Grün üblicherweise nicht verzehrt wird, gelten hierfür keine Rückstandswerte. Das ist auch immer noch so. Bei Radieschen gilt seit 2025 der Wert für Rucola. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass das Grün deutlich mehr und auch verschiedene Rückstände aufweist.
Sonja Pannenbecker, Leitung Bereichs Lebensmittel und Ernährung in der Verbraucherzentrale Bremen, per E-Mail, 10.06.2025
Als einen Beleg hat sie mir die Ergebnisse einer Analyse des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Stuttgart beigefügt.
Das Amt hat im Herbst 2024 14 Proben Möhren aus deutschem konventionellen Anbau und eine Probe Karotten aus deutschem Bio-Anbau untersucht. Die Analyse belief sich laut CVUA auf über 750 Pflanzenschutzmittel und Kontaminante. Wurzeln und Grün wurden dabei getrennt untersucht. Grenzwerte gibt es bislang nicht.
Die Ergebnisse:
- Die Karottenblätter aus konventionellem Anbau weisen im Vergleich zu den Wurzeln eine höhere Anzahl an Pestizidrückstände auf.
- Bio-Karottenwurzeln sind deutlich geringer belastet. Die Aussagekraft zu den Bio-Möhrenblättern ist begrenzt, weil nur eine Probe untersucht wurde.
Das Fazit der Analyse:
Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Möhrenblätter verzehren möchten, wird jedoch vorsorglich empfohlen, auf Bioprodukte oder den Eigenanbau zurückzugreifen.
Website CVUA Stuttgart, 30.01.2025
Die Untersuchungen sollen im Jahr 2025 fortgesetzt werden.
Die hier zitierten Ergebnisse kannst du im Beitrag „Pestizide in Karotten: Eine vergleichende Analyse von Wurzeln und Blättern“ auf der Website des CVUA Stuttgart nachlesen.
Wie nachhaltig ist es, Möhren mit Grün zu kaufen?
Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale hat mich noch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam gemacht, den du sicherlich auch schon mal bemerkt hast: Möhren mit Grün halten nicht so lange wie Möhren ohne Grün. (Daher ist es übrigens ratsam, die Blätter gleich nach dem Kauf abzudrehen und die Wurzeln separat zu lagern.)
Im Handel hat das auch Folgen, an die ich bislang nicht gedacht habe.
Aus Lebensmittelverschwendungssicht ist es nicht sinnvoll, Möhren mit Grün in den Handel zu bringen. Denn diese verderben schneller und es wird eine künstliche Frische erzeugt, was dann wiederum zu höheren Verlusten bei Landwirtschaft, im Vertrieb, im Handel und auch bei den Verbrauchern zu Hause führt. Denn Waschmöhren sind sehr lange haltbar, Bundmöhren sind nur wenige Tage mit dem Grün schön.
Sonja Pannenbecker, Leitung Bereichs Lebensmittel und Ernährung in der Verbraucherzentrale Bremen, per E-Mail, 10.06.2025
Die Verbraucherzentralen haben im Jahr 2022 auch einen bundesweiter Marktcheck dazu veröffentlicht, wie optisch perfektes Gemüse Klima und Umwelt belasten. Sie wurde auch vom Umweltbundesamt aufgenommen. Mehr zum Thema findest du auch bei der Deutschen Umwelthilfe.
Mein Fazit
Was habe ich aus der Karottengrün-Geschichte gelernt?
- Wenn ich kein Möhrengrün brauche, kaufe ich Karotten ohne Blätter.
- Die Blätter von Möhren und Karotten zu essen, ist ein relativ neuer Trend. Daher gibt es bislang keine Rückstandwerte für Belastungen.
- Die Blätter gelten grundsätzlich als essbar, ist aber belasteter als die Wurzel.
- Wenn, dann bio oder Eigenanbau: Konventionelles Möhrengrün ist mit Pestiziden belastet.
Und jetzt du!
Inwiefern verwendest du Karottengrün?
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